Herrenhauszentrum
Das Forschungsprojekt befasst sich mit der Erforschung nachmittelalterlicher Herrenhäuser ab 1500. Diese Gebäude bilden bis heute einen zentralen Bestandteil der einzigartigen Kulturlandschaft des Ostseeraums. Die geschätzt 12.000 Anwesen verteilen sich heute über insgesamt zehn Staaten (Deutschland, Polen, die russischen Regionen Kaliningrad, Ingermanland und Karelien*, Litauen, Lettland, Estland, Finnland, Schweden, Dänemark sowie auch Norwegen). Obwohl das Corpus der Herrenhäuser im Ostseeraum von der Baugeschichtsschreibung als eine regionale Besonderheit wahrgenommen wird, entwickelt sich dennoch erst langsam das Bewusstsein für die gemeinsame historische Kulturlandschaft der Gutswirtschaft in den Anrainerstaaten. Zugleich lassen sich inhaltliche und formale Zusammenhänge sowie transkulturelle Einflüsse innerhalb Europas erkennen.
Das Projekt wird zu gleichen Teilen vom Ministerium für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten Mecklenburg-Vorpommern und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien finanziert. In der dreijährigen Förderphase konzentrieren sich die Forschungen auf ausgewählte Objekte aus dem 18. Jahrhundert, der Blütezeit der Herrenhäuser und Gutsanlagen im Ostseeraum. Die detaillierten Analysen befassen sich nicht nur mit kunsthistorischen und architekturhistorischen Fragestellungen, sondern integrieren gleichwohl kulturelle, funktionale, soziologische und politische Aspekte. Die Kollaborationsnetzwerke von Architekten und Künstlern, die am Bau und der Inneneinrichtung verschiedener Herrenhäuser beteiligt waren, sind nur ein Beispiel für die zahlreichen Verflechtungen jener Aspekte. Derartige vergleichende Untersuchungen der Kunstlandschaften und Gutswirtschaften als Teil der Territorialgeschichte auf computergestützter Basis existieren bislang nicht. Aus diesem Grund kommt dem Vorhaben in jeder Hinsicht Pilotcharakter zu.
Das Projekt wird während der Förderphase eine Forschungsumfeld aufbauen, welches dem heutigen wissenschaftlichen und neuesten technischen Stand entspricht. Dafür kommen unterschiedliche Methoden und Verfahren zum Einsatz, die dem Team helfen, nicht nur kunsthistorische Fragestellungen zu untersuchen. Innerhalb des Projektrahmens werden sowohl noch vorhandenen als auch bereits verlorenen Objekte untersucht. Es ist angestrebt, neben bildgebenden Daten, sämtliche Dokumente, Archivalien, Pläne oder auch Dokumente der Oral History für die ausgewählten Häuser und deren Güter zusammenzutragen. Die strukturierte Erfassung der Daten erfolgt in einer Umgebung auf Basis verschiedener MediaWiki-Extensions. Durch diese Lösung macht sich das Projekt die Vorteile der freien und weitverbreiteten Anwendungen, auf deren Grundlage unter anderen Wikidata beruht, zu Nutze. Zugleich entstehen angereicherte Daten der ausgewählten Objekte im Sinne der FAIR-Prinzipien. Im Verlauf des Projekts wird es möglich sein, Daten abzufragen und in eigene Systeme einzubinden. Ferner soll die Möglichkeit geschaffen werden, externen Nutzern temporären Zugriff zu gewährleisten, um im Sinne der citizen science eigene Datensätze anzulegen oder bestehende Datensätze zu vervollständigen. Das Projekt will dadurch seinen Beitrag zur übergreifenden Idee der Linked open data innerhalb der Wissenschaft leisten.